BAFU-Tagung:
Biodiversität? Zusammenarbeit!

Publiziert von Admin am

Klimawandel, Verlust der Biodiversität, Ernährungssicherheit – Herausforderungen, die alle denselben Raum betreffen, der zudem auch noch der Erholung und anderen Zwecken dienen soll. Damit unsere Landschaft den vielfältigen Anforderungen gerecht werden kann, muss sie hochwertig gestaltet werden. Und: Alle Massnahmen im Raum müssen auf einer ganzheitlichen Betrachtungsweise aufgebaut werden.

Unsere Gesellschaft ist mit grossen Herausforderungen konfrontiert: Der Klimawandel und der Verlust der Biodiversität müssen gestoppt werden, gleichzeitig bleibt die Ernährungssicherheit unerlässlich. Diese Herausforderungen betreffen alle denselben Raum, der zudem auch noch der Erholung und vielen anderen Zwecken dienen soll. Damit sie den vielfältigen Anforderungen gerecht werden kann, muss die Landschaft daher hochwertig gestaltet werden. Und alle Massnahmen im Raum müssen auf einer ganzheitlichen Betrachtungsweise basieren.

Der Bundesrat strebt diese hochwertige Gestaltung mit dem «Landschaftskonzept Schweiz» (LKS) an. Es bietet ein gemeinsames Zielbild und definiert Leitlinien für eine kohärente und qualitätsorientierte Entwicklung der Landschaft.

Am 9. November 2022 führte das Bundesamt für Umwelt (BAFU) in Bern die Tagung «Vielfältige Landschaft stärkt biologische Vielfalt» durch. Im Zentrum stand dabei die Frage, wie sich die Ansätze und Instrumente der Landschaftspolitik - wie das LKS auf Bundesebene - optimal für das Erreichen der Biodiversitätsziele nutzen lassen. Es referierten unter anderem Fachleute aus dem BAFU, von Hochschulen, aus Kantonen und Gemeinden; eingeladen waren Vertreterinnen und Vertreter von Lehre, Forschung, Behörden oder Naturschutzorganisationen.

Die Anwesenden waren sich einig: Um den komplexen Herausforderungen bezüglich Biodiversität zu begegnen, braucht es interdisziplinäre Kooperation. BAFU-Direktorin Katrin Schneeberger appellierte deshalb bereits in ihrer Begrüssung an die Zuhörerschaft: «Arbeiten wir zusammen und nutzen wir die Synergien zwischen unseren Politikbereichen!» 

Wie der Dialog zwischen allen raumrelevanten Sektoren aussehen kann, zeigte Andrea Naef vom kantonalen Amt für Raumentwicklung Thurgau. Sie schlug den Bogen vom Landschaftsentwicklungs­konzept Thurgau (LEK) von Ende der 1990er-Jahre bis zur aktuellen Planung der Ökologischen Infrastruktur. «Die Vorgaben des Bundes und Instrumente des Kantons greifen perfekt ineinander», sagte Andrea Naef.

Herausforderungen der Umsetzung
Markus Fischer vom Institut für Pflanzenwissenschaften der Universität Bern lenkte den Blick auf die generelle Art der Landnutzung. Diese diene einseitig bestimmten Interessen und sei zu wenig nachhaltig. «Wir müssen die Flächennutzungskonkurrenzen überwinden und die verschiedenen Ansprüche an das Land integrieren», forderte der Pflanzenökologe. 

Wie anspruchsvoll es ist, gute Konzepte umzusetzen, zeigte Stefan Hasler, Direktor des Verbands der Schweizer Abwasser und Gewässerschutzfachleute (VSA). Die im Gewässerschutzgesetz festgelegte Revitalisierung von 4000 Kilometer verbauter Gewässer bis 2090 komme nur schleppend voran. «Das muss schneller gehen, weil revitalisierte Gewässer deutlich resilienter gegenüber dem Klimawandel und wichtige Elemente der ökologischen Infrastruktur sind», sagte Stefan Hasler. Die Revitalisierung müsse auf den Siedlungsraum ausgedehnt werden. «Die Städte werden in 10 Jahren anders aussehen als heute.»

Ausblick und Möglichkeiten
Doch bereits heute sind die Veränderungen im Siedlungsraum besonders offensichtlich. Viele der dort traditionell gepflanzten einheimischen Baumarten können durch die neuen Lebensbedingungen überfordert sein. Christophe Girot vom Institut für Landschaft und Urbane Studien LUS der ETH Zürich plädierte deshalb dafür, Natur neu zu denken: «Unsere bisherige Vorstellung, welche Arten typisch für einen Lebensraum sind, ist veraltet. Alles ist in Bewegung geraten. Wir müssen Dogmen über Bord werfen und mit Veränderungen leben lernen.» 

Die Tagung stimmte Matthias Stremlow, Leiter der Sektion Landschaftspolitik beim BAFU, optimistisch. «Ich habe engagierte und motivierte Menschen gehört, die sich auf verschiedenen Ebenen an verschiedenen Schnittstellen in verschiedenen Funktionen und Themenbereichen für Biodiversität und landschaftliche Vielfalt einsetzen. Viele Denkansätze, Konzepte und Instrumente spielen bereits zusammen oder sind dabei, es zu tun.» 

Doch klar bleibt: Theorie und Praxis müssen zusammenfinden. Das BAFU lebte diesen Grundsatz an der hochkarätigen Tagung vor: Die Teilnehmenden wurden zu Ortsbegehungen eingeladen. Beim Autobahnanschluss Wankdorf, im Armasuisse-Gebäude und an vielen anderen Standorten konnten die Herausforderungen und Möglichkeiten moderner Siedlungspolitik anhand praktischer Beispiele diskutiert werden.